Austro-allemandes à Garaison. L’internement à la lumière des journaux de guerre (Deutsch-Österreicherinnen in Garaison. Die Internierung im Licht der Kriegstagebücher)

Die am 18. und 19. Februar 2016 vom germanistischen Forschungszentrum (CREG, Centre de Recherches et d’Études Germaniques) im Rahmen von dessen Programm „Erben, Weitergeben“ an der Universität Toulouse organisierte Tagung kreuzte die Problematik der Internierung und des Ortswechsels.

Sie vereinte Historiker (Jean-Claude Farcy und José Cubéro) und GermanistInnen (Hilda Inderwildi, Hélène Leclerc und Alfred Prédhumeau) und wurde in Zusammenarbeit mit der Einrichtung Notre-Dame de Garaison und dem Archiv des Départements Hautes-Pyrénées organisiert. Im Rahmen der Tagung wurde auch der Dokumentarfilm Loin de Verdun von Xavier Delagnes gezeigt. Sie führte zu einem fruchtbaren Dialog zwischen Forschern, Archivaren, Filmspezialisten und am Film Beteiligter, vor allem der Schüler und Lehrer aus Garaison.

Ausgangspunkt der Veranstaltung war die Wiederentdeckung der Tagebuch-Berichte von deutschen und österreichischen Internierten, die ab September 1914 in Garaison interniert waren. Die Garaison betreffenden Stellen der Tagebücher wurden von mehreren Mitgliedern des CREG unter dem Titel Gertrud Köbner, Helene Schaarschmidt, Récits de captivité. Garaison 1914 (Le Pérégrinateur, 2016) übersetzt. Die Tagung zielte darauf ab, den Inhalt dieser Tagebuchberichte zu präsentieren und analysieren, aber auch die Kontexte ihrer Entstehung zu beleuchten.

Dieser zweite Aspekt war Gegenstand des Einführungsvortrags von J.-C. Farcy zu „Guerres et internements dans la France du XXe siècle“ (Kriege und Internierungen im Frankreich des 20. Jahrhunderts). Farcy, Autor eines Pionierwerks über die französischen Internierungslager des 1. Weltkriegs (Les camps de concentration français de la première guerre mondiale, Paris, Anthropos historiques, 1995), erinnerte an die offizielle Bezeichnung der „Konzentrationslager“ des 1. Weltkriegs und erörterte anschließend Wesen und Ziel der Internierung im Zuge der beiden Weltkriege sowie des Algerienkriegs und stellte Gemeinsamkeiten wie Differenzen heraus.

Aus der Tagung ging besonders der Ausnahmecharakter dieser außerrechtlichen administrativen Maßnahmen hervor. Der Vortrag von José Cubéro behandelte die große Vielfalt der im Lager Garaison vertretenen Nationalitäten. Hélène Leclerc verglich die Texte von Gertrud Köbner, Helene Schaarschmidt und Helene Fürnkranz. Aus ihrem Vergleich ging hervor, dass 1) die Texte, nicht nur in den geschilderten Erfahrungen, aber auch in Form und Vokabular, große Gemeinsamkeiten aufweisen, 2) dass diese Berichte nachträglich umgeschrieben und sogar erweitert wurden und 3) dass sie, trotz der schmerzlichen Umstände dieser Erfahrung, eine versöhnliche und humanistische Botschaft vermitteln.

Alfred Prédhumeau kam auf den Aspekt der nachträglichen Umgestaltung der Berichte zurück und interessierte sich für die Umstände im deutschen Presse- und Verlagswesen rund um die Veröffentlichung der Berichte dieser internierten Frauen, die bereits 1915 erfolgte. Daran erinnernd, dass Deutschland kurz vor dem Krieg führend im Verlagswesen war, zeigte er, wie die deutschen Verleger angesichts der Kriegsensur mit der Notwendigkeit einer Umorientierung ihrer Aktivität konfrontiert waren, die sie dazu brachte, „Kriegsliteratur“ zu publizieren, zu der auch die beiden Berichte gehören.

Hilda Inderwildi, die die Berichte aus der Perspektive der Übersetzerin betrachtete, definierte die Übersetzung in ihrem Vortrag als historische Ermittlungs- und Archivarbeit. Sie kam dabei auf literarische Aspekte der beiden Berichte zurück und legte nahe, diese ebenfalls aus dem Blickwinkel der Geschichte der Frauen und ihrer weiblichen Dimension zu betrachten.

Anschließend an die Lesung von Charlotte Piarulli folgte die Schlussbetrachtung von Mechthild Coustillac, Lucile Dreidemy, Hélène Floréa und Pauline Landois, in der diese den exemplarischen Charakter des Lagers Garaison in den Midi-Pyrénées und in der Geschichte des „Großen Krieges“ betonten und dabei drei Arbeitsrichtungen hervorhoben: das Bild Frankreichs ausgehend von den Begriffen Auto- und Heterostereotyp zu betrachten; eine semantische Analyse der Begriffe „Konzentration“ und „Internierung“ vorzunehemen; die deutschen Pendants zu den französischen Internierungslagern im 1. Weltkrieg zu untersuchen.