Gertrud KÖBNER, Helene SCHAARSCHMIDT:
Récits de captivité, Garaison 1914

In der Geschichte des 1. Weltkriegs scheinen Frauen häufig abwesend, ihre Präsenz scheint nur zwischen den Zeilen durch. Das Werk Récits de captivité – Garaison 1914 [Gefangenschaftsberichte – Garaison 1914] erteilt zwei von ihnen das Wort: den Deutschen Gertrud Köbner und Helene Schaarschmidt, die zwischen September und November 1914 im Lager Garaison im Département Hautes-Pyrénées interniert waren. Nach ihrer Rückführung schreiben Sie jeweils Zeugenberichte über ihre Gefangenschaft. Diese erscheinen in Deutschland bereits 1915, in Frankreich bleiben sie unveröffentlicht.

Gertrud Köbner: 3 Monate kriegsgefangen. Erlebnisse einer Deutschen in Frankreich (1915)

In der Erzählung dieser beiden Leben, die im Augenblick der Kriegserklärung im August 1914 erschüttert werden, nimmt das Lager Garaison einen bemerkenswerten Raum ein: Die beiden Frauen leben dort, nach einer Fahrt, die sie zunächst von Paris nach Flers in der Normandie führte, ein Leben als Kriegsgefangene. Ihre Erzählungen berichten über die Unannehmlichkeiten, die Ängste, die Entbehrungen, die Liebe, die sie ihrer Wahlheimat gegenüber trotz allem zu bewahren versuchen. Gertrud Köbner und Helene Schaarschmidt sind gebildete Frauen, ihre Berichte spiegeln die Nachrichten der damaligen Zeit sowie die vorherrschenden deutsch-französischen Selbst- und Fremdbilder wider, die durch die Kriegssituation verschärft werden. Sie liefern auch ein kontrastreiches Bild des Lagers.

Helene Schaarschmidt: Erlebnisse einer Deutschen in Frankreich nach Ausbruch des Krieges (1915)

Die Geschichte des Lagers ist lange Zeit in Vergessenheit geraten. Es wurde in den Räumen des Klosters Garaison errichtet, die seit der gesetzlichen Trennung von Kirche und Staat leer standen. In diesem Internierungslager wurden fernab der Front neben wehrpflichtigen Männern ganze Familien gefangen gehalten.

Récits de captivité – Garaison 1914 ermöglicht es, am Beispiel dieses Lagers im Südwesten Frankreichs und durch die Augen zweier Frauen, die einer anderen Kultur angehören, den Spuren einer deutschen Erinnerung an Frankreich während des Ersten Weltkriegs zu folgen.


Helene Schaarschmidt, Gertrud Köbner: Récits de captivité. Garaison 1914 (2016)

Übersetzung und Veröffentlichung durch das Centre de Recherches et d’Études Germaniques im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Archiv des Departement Hautes-Pyrénées und der Institution Notre-Dame de Garaison. Die Veröffentlichung der vollständigen Übersetzung der Tagebuchberichte ist für 2019 geplant.

Die Autorinnen:

Gertrud Köbner wurde 1879 in Berlin geboren. Seit 1906 lebt sie mit ihrem Mann Eduard John und ihren zwei Kindern im französischen Neuilly. Bei Kriegsbeginn gezwungen, ihr Heim zu verlassen, kommt die Familie am 11. September 1914 in Garaison an. Am 2. November 1914 wird sie in Begleitung ihrer Kinder und ihrer Schwiegermutter über die Schweiz nach Deutschland rückgeführt. Ihr wehrpflichtiger Mann bleibt im Lager und wird im August 1916 aus Garaison fliehen.

Helene Schaarschmidt ist eine 1886 in Davos geborene Deutsche, die sich zu Kriegsausbruch vermutlich auf Durchreise oder Urlaub in Frankreich befand. Sie war von 7. September bis 3. November 1914 in Garaison interniert.

Die Herausgeberinnen:

Hilda Inderwildi und Hélène Leclerc sind Dozentinnen und Forscherinnen am Institut für Germanistik bzw. am germanistischen Forschungszentrum (CREG, Centre de Recherches et d’Études germaniques) der Universität Toulouse Jean Jaurès. Gemeinsam koordinieren Sie das Forschungsprogramm „Nomadenerbtümer“, welches das Label Centenaire erhielt.

Die ÜbersetzerInnen:

Lucile Dreidemy, Hélène Floréa, Hilda Inderwildi, Hélène Leclerc, Pauline Landois, Alfred Prédhumeau.


Gertrud KÖBNER, Helene SCHAARSCHMIDT: Récits de captivité. Garaison 1914. Textes édités par Hilda Inderwildi et Hélène Leclerc, Toulouse, Le Pérégrinateur, 2016.

Das Buch können Sie hier erwerben (Preis: € 9,80)