Die Siedlungsfundstelle La Silla del Papa liegt etwa 4 km von der Küste entfernt am höchsten Punkt einer kleinen Küstengebirgskette, der Sierra de la Plata (457 m). Pierre Moret hat dort von 2007 bis 2009 im Rahmen eines Forschungsprogrammes Oberflächenbegehungen und Sondagen durchgeführt. Diese Höhensiedlung, die seit dem Ende des 19. Jhs. erwähnt wird, aber vor unserer Grabung schlecht bekannt war, bot den Bewohnern den Schutz der Felswände, die die Siedlung zu einem regelrechten ‚Horst‘ machten. Die räumliche Struktur der Siedlung ist durch zwei parallele, von Norden nach Süden verlaufende Felsriegel vorgegeben, die eine 420 m lange, schmale Fläche begrenzen.
Die Breite der Siedlungsfläche zwischen den zwei Gratlinien variiert zwischen 20 und 75 m, bei einer Gesamtfläche von etwa 3 ha, wobei das Siedlungsareal sich weit darüber hinaus erstreckte. Die senkrechten Wände der Felsriegel, die ins Innere der Siedlung zeigen, sind fünf bis zwanzig Meter hoch. Die Häuser wurden direkt an die Felswände gebaut, wie es zahlreiche im Fels angebrachte Löcher, Einschnitte und Treppen bezeugen.
Die Siedlung wurde während der augusteischen Epoche verlassen, als an der Küste die römische Stadt Baelo Claudia gegründet wurde, die zu einem großen Teil von der Casa de Velázquez ausgegraben wurde. Die Grabungen, die hier zwischen 2007 und 2009 durchgeführt wurden, bestätigten die Hypothese, der zufolge die Bevölkerung der römischen Stadt aus dem Oppidum La Silla del Papa stammte, bei dem es sich möglicherweise um das vorrömische Bailo handelt, dessen Name aufgrund von Münzen mit neopunischen Legenden bekannt ist. Zum Zeitpunkt seiner Aufgabe erstreckte sich das Oppidum von La Silla del Papa über eine Fläche von 12 ha. Im zentralen Teil, der am dichtesten besiedelt war, befanden sich dreistöckige Häuser, die an der Felswand errichtet und in diese integriert wurden. Die Bauten waren auf beiden Seiten entlang einer „Hauptstraße“ angeordnet, die die Siedlung von Norden nach Süden durchzog.
Schließlich haben die im Jahr 2008 durchgeführten Sondagen ergeben, dass La Silla del Papa eine sehr lange Besiedlungsgeschichte besitzt, die sich über die gesamte Eisenzeit, ausgehend von einem Gründungsdatum, das nach einem Radiokarbondatum im 9. Jh. v. Chr. anzusetzen ist, erstreckt. Während dieser acht Jahrhunderte, wurde der Siedlungsplan mit der Anordnung der Straßen und Häuser mindestens dreimal abgeändert. Das Fundmaterial der ersten Phase zeigt Beziehungen zu den phönizischen, sowie ab dem 4. Jh. v. Chr. zu den punischen Niederlassungen.
In Anbetracht dieser vorläufigen, äußerst vielversprechenden Ergebnisse ist La Silla del Papa heute die einzige Fundstelle im Umfeld der Meerenge von Gibraltar, in der alle diese Aspekte einer vorrömischen Stadtsiedlung untersucht werden können (Architektur, urbane Entwicklungsprozesse, Bestattungssitten, Siedlungsgebiet), und dies über einen langen Zeitraum, vom Beginn der Älteren Eisenzeit bis zur römischen Eroberung.