Interview am 30. September 2016 geführt von Grigor Avetissyan, Yvonne de Boer, Claire-Marine Marouby und Yannick Piété (Germanistik-Studierende im 2. Jahr LLCE Allemand, Universität Toulouse)

Interview in französischer Sprache


Jean Michel Delavault und Thierry Molinier unterrichten Geschichte und Geographie in Notre-Dame de Garaison, sie tragen zurzeit das Projekt. In enger Zusammenarbeit mit dem Archiv des Départements Hautes-Pyrénées haben sie mit ihren SchülerInnen an Ausstellungstafeln gearbeitet, die den Lebensläufen einzelner Internierter gewidmet sind. Die Idee war es, mithilfe der SchülerInnen von Notre-Dame de Garaison (besonders der 9. und 11. Klasse) eine Galerie von Porträts zu erstellen.


Jean Michel Delavault, wie haben Sie von diesem Projekt über Garaison erfahren?

Dank einer Kollegin, die nicht mehr an der Schule ist, die aber der Auslöser für das Projekt war. Sie hatte die Idee, den Antrag für das Label und die Finanzierung der Mission du Centenaire zu stellen. Es gab ja Dokumente über Garaison, die bezeugen, dass es dort ein Internierungslager gegeben hat.

Was haben Sie durch dieses Projekt gelernt?

Viele Details über das Leben im Lager. Auf historischer Ebene wusste ich nicht, dass es während des 1. Weltkriegs Lager auf französischem Boden gegeben hat. Ich habe erfahren, wie die Leute in diesem Lager lebten, ich habe Porträts entdeckt, persönliche Geschichten, die oftmals sehr bewegend sind.

Bei den Dreharbeiten in Garaison habe ich darüber hinaus gesehen, wie ein Dokumentarfilm entsteht, ich hatte zuvor noch nie an einem solchen Projekt teilgenommen. Ich habe auch eine neue Art und Weise, mit den Schülern zu arbeiten, kennengelernt, und auch eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Archiv sowie mit der Universität Toulouse Jean Jaurès und dem CREG. Das war ein sehr bereicherndes Projekt, voller Gelegenheiten, das viele Türen geöffnet hat.

Wie sehen Sie die Zukunft des Projekts?

© Pierre Roques

Ich möchte die Porträt-Galerie jedes Jahr fortsetzen, wir sind jetzt im zweiten Jahr. Im ersten Jahr haben die SchülerInnen 9 Ausstellungswände, also 9 Porträts, erstellt, und dieses Jahr haben sie 8 gemacht und werden im kommenden Schuljahr 8 weitere anfertigen. Die Idee ist es, einen Gedenkort für Garaison einzurichten, wo sie ihre Geschichte des Lagers ausstellen können. Die SchülerInnen haben übrigens auch eine Wikipedia-Seite erstellt. Die Idee ist es, das Projekt solange weiterzuführen, bis die SchülerInnen in der Aufarbeitung der Archive beim Jahr 1919 angekommen sind. In der Tat möchten wir, dass unsere Einrichtung im Jahr 2019 ein anerkannter Gedächtnisort wird.

Gibt es viele Lager dieser Art in Frankreich?

Offensichtlich, ja. Es gab viele Lager in Frankreich, mit unterschiedlichen Spezialisierungen. Garaison war ein Familienlager, das heißt, hier wurden ganze Familien interniert.

Wie haben Ihre SchülerInnen auf das Projekt reagiert?

Das kommt natürlich auf die jeweiligen SchülerInnen an, aber generell waren sie von dieser Arbeit begeistert, vor allem vom filmischen Teil. Sobald die Kameras anwesend waren, verwandelten sie sich in Musterschüler. Weiters war es auch interessant, ihnen Archivmaterial zur Verfügung zu stellen, es hat sie bewegt, Originaldokumente in den Händen zu halten. Allgemein waren die Reaktionen sehr positiv.


Thierry Molinier

Thierry Molinier, Geschichtslehrer in Garaison, hat sich für die Verbreitung der Arbeit der SchülerInnen eingesetzt.


Wie haben Sie von diesem Projekt erfahren?

Als ich in Garaison ankam, musste ich einfach am Projekt teilnehmen. Der menschliche und gemeinschaftliche Aspekt ist sehr wichtig.

Was haben Sie persönlich im Zuge dieses Projekts erfahren?

Ich war sehr erstaunt darüber, zu erfahren, dass die Internierten nicht eingesperrt waren, sie wurden zwar administrativ gefangen gehalten, konnten aber zu bestimmten Zeiten das Lager verlassen. Die Umstände des Gewahrsams waren zweifellos weniger hart als Grabenkämpfe, und anscheinend teilten sie auch Werkzeug mit den Beamten des Lagers.

Ich habe bemerkt, dass die SchülerInnen sich für alte Quellen wie diese interessieren können und dass sie gerne mit Originalobjekten umgehen. Sie teilen die Freude des Historikers, tatsächlich im Archiv zu sein und das ist wunderbar: Es ermöglicht ihnen, selbständig zu denken und zu fühlen, was die Leute damals empfanden.

Wie stellen Sie sich die Zukunft des Projekts vor?

Wir werden versuchen, die Filmvorführungen mit Diskussionsrunden zu vermehren und so viele SchülerInnen wie möglich kommen zu lassen. Bei solchen Begegnungen entsteht ein Dialog zwischen einem bereits etwas älteren Publikum und den Jungen.

Gibt es noch sichtbare Spuren vom Aufenthalt dieser Internierten?

© X. Delagnes

Es gibt einen von den Internierten gehauenen Brunnen, der noch da ist. Aber sonst haben sie nicht wirklich Spuren hinterlassen, zumal die meisten in notdürftigen Behausungen gewohnt haben, die heute verschwunden sind.

 

Interview in französischer Sprache